Am 23.11. luden die drei bezirklichen Schnittstellen-Organisationen Lokalbau, AKS Gemeinwohl und AKöR zu einem Vernetzungstreffen ein. Ziel war es, gemeinsam mit Initiativen und kooperativ eingestellten Akteur:innen im Bezirk eine „Baubesprechung“ zum Umsetzungsstand drei zentralen „Baustellen“ kooperativer Stadtentwicklung im Bezirk zu erarbeiten:
- Baustelle A: Kiezblocks gemeinsam auf die Straße bringen (Öffentlicher Raum, Umwelt, Mobilität)
- Baustelle B: Orte aneignen und gemeinwohlorientiert entwickeln (Entwicklungs- und Potentialflächen)
- Baustelle C: Häuserkauf klimagerecht und gesellschaftlich denken (Immobilien im Bestand)
Übergeordnetes Ziel des Workshops war es, eine aktuelle Bestandsaufnahme zu machen. Außerdem ging es darum, Bedarfe und mögliche Hilfestellungen zur verbesserten Zusammenarbeit zu ermitteln, welche die Baustelle Gemeinwohl als seit 2020 erfolgreich aufgebaute Netzwerk und Plattform dafür leisten kann bzw. in Zukunft zusätzlich leisten könnte.
Zur Vorbereitung auf den Workshop hatte die AKöR bereits einen Artikel zum aktuellen Umsetzungsstand der Kiezblocks im Bezirk auf der Baustelle Gemeinwohl Plattform veröffentlicht.
Nachdem sowohl Bezirks- als auch Landespolitik das Thema „Kiezblocks“ in ihre Agenden übernommen und mit (ersten) finanziellen Mitteln hinterlegt haben, kann die Baustelle „politischer Wille“ als vorerst abgeschlossen betrachtet werden.
Damit rückt nun die Frage in den Vordergrund: „Wie Kiezblocks gemeinsam umsetzen?“
Zu dieser Frage sind wir im Vergleich zu den großen Veranstaltungen während des StadtWERKSTATT-Piloten (Kiezblocks x Amt & Kiezblocks x Berlin) dieses Mal in einer kleinen, aber aktiven Runde zusammengekommen. Etwas unglücklich war das zeitgleich Kiezblocks-Runde von Changing Cities und der BVV-Ausschuss für Mobilität tagte, erstmals sogar mit dem von nun an dauerhaftem TOP Kiezblocks. Auch unser Einladungsmanagement war leider nicht optimal, z.B. haben wir die Reichenberger Ini vergessen – dafür möchten wir uns nochmal ausdrücklich entschuldigen!
Trotzdem kamen Ostkreuz, Graefekiez, Großbeeren, Kreuzberger Luisenstadt und brachten ihr Wissen, ihre Fragen und Ideen in den Workshop ein. Merci für euer Kommen!
Was die Termine angeht: Wir geloben Besserung für das kommende Jahr!
Folgende Ergebnisse wurden erarbeitet:
Gemeinsame Definition der Baustelle „Kiezblocks gemeinsam auf die Straße bringen“
Diese basiert auf den 9 Handlungsgrundsätzen des BVV-Beschlusses (s.u.), der Definition von Changing Cities und Erfahrungen der Initiativen, inkl. Beiträgen aus vorherigen Workshops:
Gemeinsam wurden anschließend aktuelle Fragen, Probleme und Aufgaben diskutiert, die die anwesenden Inis momentan beschäftigen.
Feststellung: Unfassbar viel wurde in Bewegung gesetzt!
Der BVV-Beschluss vom 17.08.2022 (DS/0299/VI) zur flächendeckenden Verkehrsberuhigung ist ein riesiger Erfolg, der ohne das starke Engagement der KB-Inis nicht denkbar wäre!
Es gibt jedoch Unsicherheit, ob dadurch die Umsetzung nun schneller und priorisiert wird, oder durch Planungsgespräche und Priorisierung anderer Gebiete selbst kleine oder schon beschlossene Maßnahmen noch weiter verzögert werden.
Sorgen machen sich die Initiativen mit Blick auf die schwierige Personalsituation im Amt.
Gemeinsam mit dem Amt ins Arbeiten kommen – aber wie?
Die große Frage des Abends war, ob und wie die Initiativen dem Amt mit ihren Ressourcen unter die Arme greifen kann, um schneller oder fundierter ins Abarbeiten der großen „umfassenden Beschlusslage“ zu kommen. „Was braucht das Amt von uns? Wo können wir aktiv werden?“. Hier wurde mehr und ein kontinuierlicher Austausch gewünscht, um gemeinsam ins Arbeiten zu kommen!
Einen Modus der Kooperation zwischen Initiativen und Amt zu finden, der für beide Seiten konstruktiv und nützlich empfunden wird, und zu klären, was es dafür braucht, war bereits ein zentrales Bekenntnis des Bezirksamts bei der ersten StadtWERKSTATT „Kiezblocks x Amt“ am 30.08.2021, bei der Amtsleiter Felix Weisbrich, Bürgermeisterin Monika Herrmann und mehreren Planer:innen des SGAs anwesend waren.
Diese Frage zu klären, war erklärtes Ziel der SGAs in Kooperation mit der AKöR weiter auszuarbeiten. Dies hätte 2022 stattfinden sollen, jedoch war die Resonanz aus dem SGA auch mit Blick auf die Haushaltssperre und die Einarbeitungszeit der neuen Stadträtin für Mobilität (Annika Gerold) sowie diverse Abgänge bei den Planer:innen bis Sommer 2022 gering. Die Ausschreibung der AKöR-Mittel wurde 2022 verpasst – soll nun 2023 jedoch wieder erfolgen.
Trotzdem wurden im Sommer Planungsgespräche mit allen Initiativen im Bezirk geführt. Diese wurden als überwiegend konstruktiv wahrgenommen.
Herausforderungen bei der Kommunikation
Unverständnis gibt es darüber, dass Verzögerungen erneut nicht rechtzeitig angekündigt werden und die Initiativen, welche dem Amt Vertrauen entgegenbringen und z.T. bereits intensive Vorarbeiten geleistet haben, transparent über die Gründe informiert und im weiteren Prozess auf partnerschaftlicher Basis mitgenommen werden. Hier wird sich klarere und offenere Kommunikation auf Augenhöhe gewünscht – gerade dann, wenn auch mal etwas nicht so läuft, wie gedacht.
Nur so können die Initiativen in Gesprächen mit Anwohnenden und Gewerbetreibenden vor Ort für Verständnis werben und medial bzw. politisch geschürten Ängsten durch bessere Informationslage vorbeugen. Die Erfahrung u.a. aus dem Samariterkiez, dem Lausitzer Platz oder vom Ostkreuz „Kiez für Alle“ zeigt, dass dies besonders dann gut gelingt, wenn die Kiezblock-Initiative sich bereits mit anderen Initiativen und Partner:innen im Kiez verbündet hat – und so eine innere Verständigung im Kiez stattfinden kann über das Für und Wider einzelner Maßnahmen. Im Samariterkiez konnten so mehrere Menschen aus der bis dahin sehr laut und z.T. auch aggressiv auftretenden Gegeninitiative über andere Aktionen abgeholt und für die gemeinsame Arbeit im Kiez-Verbund gewonnen werden.
Kiezblocks-Initiativen sehr unterschiedlich verfasst
Dass die einzelnen Initiativen sich in Mitgliederzahl und Fokus z.T. sehr stark unterscheiden und kein regelmäßiger Austausch untereinander besteht, war eine weitere wichtige Erkenntnis. Während größere Initiativen wie „Ostkreuz Kiez für alle“ und der „SamariterSuperKiez“ Kiezblocks als themenübergreifende und ganzheitliche Projekte auffassen, fokussieren kleinere und in der Nachbarschaft noch nicht so stark verankerte Initiativen mit wenigen Mitstreiter:innen, wie z.B. der Großbeeren-Kiezblock, ihre Energie häufig erstmal stark auf die rein verkehrstechnischen Maßnahmen, wie die Unterbindung des Durchgangsverkehrs durch Poller (Modalfilter) oder Einbahnstraßensysteme. Hier braucht es erst noch Kontakt zu anderen Aktiven, um Rückhalt in der Nachbarschaft und Anbindung an andere vor Ort Aktive zu finden – die jedoch nicht immer einfach zu finden sind.
An dieser Stelle könnte die Baustelle Gemeinwohl einen guten Beitrag leisten.
Idee: Baustelle Gemeinwohl-Karte, um Verbündete im Kiez zu finden:
Um potentielle Verbündete und fachliche Expertisen im Kiez leichter auffindbar zu machen, kam die Idee auf, eine Karte zu haben, auf der einzelne Akteur:innen, Projekte und Gemeinwohl-Angebote im Kiez(blockgebiet) verzeichnet sind und ggf. gemeinsam mit Initiativen vor Ort per ermittelt werden könnten.
Orientiert werden könnte sich dabei an zwei Beispielen aus der Praxis:
- Die Karte der Koordinierungsstelle Umweltbildung Xhain bietet bereits eine gute Übersicht zu Initiativen, Angeboten und Orten im Kontext Umwelt und Naturschutz. Allerdings ist keine Selbsteintragung möglich, d.h. die Kuratierung der Inhalte erfolgt zentral.
- Die Karte von Morgenhat sich zum Ziel gesetzt, deutschlandweit Akteur:innen und Projekte im Bereich der Nachhaltigkeit zu lokalisieren bzw. selbst eintragen zu lassen. Bereits ein Jahr nach dem Start sind bereits viele Akteur:innen repräsentiert. Das hängt vmtl. auch damit zusammen, dass diese sich selbst in die Karte eintragen können. Ähnlich wie beim Themenfeld „Gemeinwohl“ ist jedoch fraglich, woran „Nachhaltig“ gemessen wird. Das Qualitätsmanagement wirkt optimierbar, z.T. scheinen die Kriterien für Eintragungen insb. kommerzieller Anbieter und die Gestaltung (Legende/Farben) unklar und etwas beliebig.
Beide Beispiele basieren bereits auf OpenStreetMaps (Open Source). Eine gut implementierte, übersichtlich filterbare Karte für den gesamten Bezirk könnte für einzelne Akteur:innen jedoch nochmal eine Motivation sein, sich in die BG einzutragen – die vielen Eintragungen auf der „Karte von Morgen“ legen dies nahe.
Um diese Karte möglichst schnell mit Akteur:innen und Inhalten zu füllen, und auch um diese im Kiez bekannt zu machen, kam zudem die Idee eines „Crowd-Mapping“ bzw. „Crowd-Sourcing“ in den jeweiligen Kiezen auf: Dabei könnte in einzelnen Workshops bei, mit oder ggf. von den Initiativen auch selbst(organisiert), das lokale Wissen zu potentiellen BG-Akteur:innen (Strukturen und anderen Initiativen) bei einem Spaziergang oder Treffen vor Ort gesammelt und anschließend in die Karte eingetragen werden.
Ini-Website zusätzlich zur KB-Seite bei Changing Cities
Auch schien weiterhin unklar zu sein, was Initiativen auf der Baustelle Gemeinwohl Plattform überhaupt beitragen können bzw. welchen Nutzen sie von der Plattform haben?
Aktuell ist für neue bzw. potentielle Nutzer:innen wenig ersichtlich, welche Möglichkeiten es gibt, selbst etwas zur Baustelle Gemeinwohl beizutragen. Der dafür vorgesehene „Mitmachen!“-Artikel könnte dafür präsenter gemacht werden.
Ein gutes Beispiel, welchen Nutzen die Seite haben kann, zeigt das Beispiel der AKöR, welche über die Baustelle Gemeinwohl ihre Webpräsenz aufgebaut hat. Auch Dokumentationen von Veranstaltungen und Fortschrittsberichte wurden von der AKöR über die Baustelle Gemeinwohl veröffentlicht.
Die Ergebnisse wurden am Ende durch kurze Inputs und eine Blitzlichtrunde mit einzelnen Teilnehmer:innen der Tische im Plenum vorgestellt.
Insgesamt ist deutlich geworden, dass es weitere Informationen und besser verständliche Gründe braucht, damit Akteur:innen aus dem Bereich der Mobilität bzw. Kiezblocks verstehen, was sie mit der Baustelle Gemeinwohl anfangen können – undwie dieses Netzwerk/die Plattform für sie von Nutzen sein kann. Möglicherweise würde hier das Gewinnen zentraler Ankerakteure wie Changing Cities oder auch dem Straßen- und Grünflächenamt (SGA) helfen, dass andere Akteure folgen.
Insgesamt war die Atmosphäre sehr konstruktiv und es ist geplant, weitere Workshops in dieser Reihe im kommenden Jahr anzubieten – auch in Vorbereitung der StadtWERKSTATT 2023.
Das Workshop-Team der AKöR bedankt sich an dieser Stelle bei den teilnehmenden Initiativen und für die super Kooperation mit den beiden Schnittstellen-Teams von Lokalbau und der AKS Gemeinwohl!
Wie bei unseren anderen Veranstaltungen konnten wir auch dieses Mal auf die tolle Zusammenarbeit mit der Zusammenküche bauen, die die kalten Temperaturen mit Waffeln und heißen Apfelsaft erträglich und nach der Arbeit Raum für gute Gespräche machten. Danke auch an die Fahrradkarawane und den Baupalast, deren schicke Anhänger wir dafür nutzen konnten!
Immo Janssen, Sonja Bettge, Eda Koca
Über die AKöR:
Die AKöR war bis 12/2021 durch das Bezirksamt finanziert mit einem Stellenanteil für die Koordination u.a. von Mobilitätswendeprojekten und die Begleitung der StadtWERKSTATT FK in Kooperation zwischen Amt und Zivilgesellschaft. Durch die Haushaltssperre und Verzögerungen im Amt konnte die Finanzierung für 2022 und 2023 noch immer nicht gesichert bzw. ausgeschrieben werden. Die AKöR musste daher 2022 ihre Aktivitäten deutlich reduzieren und z.T. ins Ehrenamt und auf Rücklagen verlagern.
Die AKöR-Mittel wurden noch immer nicht vergeben, wodurch die Arbeitsfähigkeit der AKöR und damit die Unterstützungs- und Vernetzungsarbeit für Initiativen deutlich verringert werden musste.
Ab 01/2023 erhält die AKöR eine Anschubfinanzierung durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt und erarbeitet in Kooperation mit Changing Cities und der Uni Heidelberg in diesem Rahmen Grundlagen für die Evaluation von Kiezblocks. Außerdem werden wir in diesem auch Projekt an der Frage weiterarbeiten, wie Initiativen proaktiv und in Kooperation mit dem Straßen- und Grünflächenamt (SGA) zur beschleunigten Umsetzung von Kiezblocks beitragen können – im Projekt steht dabei die Nutzbarmachung von Citizen Science Daten bzw. Projekten im Vordergrund. Für 2023 wurden vom Bezirksamt für die Verstetigung der AKöR erneut Mittel aus den Leitlinien für Bürger:innenbeteiligung beantragt.