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in Friedrichshain-Kreuzberg

Beitrag

Block 616 – Ergebnisse der Stadtwerkstatt II & III: Vier Varianten in der Diskussion

Dokumentation der Ergebnisse des städtebaulichen Werkstattverfahrens

Diskussion am Ort des Geschehens

Näher könnte der Ort für die öffentliche Diskus­sion der Entwürfe am Unter­suchungs­gebiet – dem Block 616 – nicht liegen und viele Anwohnende und Interessierte sind zur Stadtwerk­statt III in die Kantine im Haupt­gebäude der AOK Nordost gekommen. Die Beteiligungs­veranstal­tung bildet den öffentlichen Abschluss der Entwurfs­phase, in der vier Architektur­büros verschiedene städte­bau­liche Konzepte für eine mögliche zukünftige Entwicklung des Quartiers entworfen haben.

Ablauf des zweistufigen städtebaulichen Werkstattverfahrens

Das städtebauliche Werkstattverfahren war in zwei Stufen unterteilt:
Die Aufgabenstellung zur ersten Stufen sah vor, dass die Büros jeweils drei Entwurfsvarianten erarbeiten. Ihre Varianten wurden in der Stadtwerkstatt II durch die Meinungsäußerungen der Anwohnenden und das Fachurteil einer anschließend tagenden Expert*innen-Kommission bewertet. Den Büros wurde mittels einer spezifizierten Aufgabenstellung empfohlen, sich jeweils auf einen Entwurf zu konzentrieren und diesen in der Tiefe und Breite weiter auszuarbeiten. Dem entsprechend erklärte in der Stadtwerkstatt III jedes Büro seinen Vorschlag anhand von zwei detaillierten Plantafeln und einer ausführlichen Präsentation.

Die finalen Entwürfe der vier Büros

Meinungen in der Stadtwerkstatt III

Im Anschluss an jede Präsentation konnten die Anwesenden Fragen an die Planerstellenden richten und später äußerten sie an den vorbereiteten vier Arbeitstischen ihre Eindrücke zu den Entwürfen. Wir fassen die Äußerungen hier in je einer Synthese zusammen und zeigen die komplette Sammlung aller Aufschriebe im PDF.

Synthese zu Caramel:

Die Anwesenden konnten die städtebauliche Idee mit den zwei Punkthäusern gedanklich gut von der sozialen Idee der Pixel-Bewirtschaftung trennen. Die Konzentration der Baumasse auf zwei Baukörper, von denen einer sehr hoch ist, wird von den allermeisten akzeptiert und befürwortet, weil dadurch sehr viel Freiraum bleiben kann. Der Entwurf wird als mutige und starke städtebauliche Geste verstanden, welche zum Ensemble sehr gut passe. Die vorgestellte Flexibilität bei den Baukörpern wird als besonders gut empfunden, weil so im Lauf der Zeit Umnutzungen möglich scheinen. Die Pixel-Idee für den Freiraum wird als geeignete Antwort auf die Probleme im Viertel und als Anregung zum Bilden von kooperativen Strukturen verstanden.

Synthese zu ISSS:

Vor allem die Einbindung des Neubaus in die Bestandsgebäude über die Verbindungsachse sowie die Platzausbildung an der Friedrichstraße sind überzeugende Elemente des Entwurfes. Weiterhin empfanden die Anwesenden Anwohner*innen die Setzung und Höhenausbildung als gelungen, insbesondere den gewahrten Abstand zwischen Neubau und Bestand und die in diesem Abstand generierten Freiflächen mit altem Baumbestand.

Synthese zu KPAC:

Der Entwurf von KCAP überzeugte das Publikum nur bedingt. Positiv hervorgehoben wurden die divers kodierten Raumangebote (Freiräume, privat nutzbare Räume). Auf negatives Feedback stieß vor allem die strake Überbauung des Innenhofbereiches vor der HOWOGE-Wohnscheibe und die daraus resultierende hohe Baumasse des Entwurfs.

Synthese zu TIC:

Vor allem der geplante Wohnungsmix und die zwei­seitige Aus­richtung der Wohnungen wurden positiv hervor­gehoben. Die Ausbildung der Ecke hin zur Wilhelm­straße wurde als Lärm­schutz­barriere ebenfalls begrüßt. Die hohe Dichte und Baumasse wurde kritisch diskutiert, ins­besondere die Auswir­kungen auf die Bestands­wohnungen. Bereits bestehende Defizite dürften durch den Neubau nicht verstärkt werden.

Ergebnis des Expert*innen-Gremiums

Am Tag nach der Stadt­werkstatt III wurde die abschließende Planungs­werkstatt durchgeführt, welche den Schluss­punkt des zwei­stufigen Werkstatt­verfahrens bildete. Die Impulse und Meinungen aus der Stadt­werkstatt vom Vortag wurden dabei anhand der mit Haft­zetteln beklebten Plan­tafeln ins Gremium gebracht.

Lehren aus dem Verfahren

Nach intensiver Diskussion zwischen allen Betei­ligten wurde einige Lehren aus der Unter­suchung abgeleitet, die helfen sollen, im anschließen­den Master­plan-Verfahren ein geeignetes städte­bauliches Konzept für die Entwick­lung von Block 616 zu erarbeiten.

Aus der Untersuchung der städte­bau­­lichen Entwicklungs­poten­ziale im Block 616 geht hervor, dass in Korre­la­tion mit den weit­läufigen Außen­­raum­­struk­turen des Quartiers im Block 616 eine höhere bauliche Dichte (GFZ bis ca. 3,3, GRZ bis ca. 0,4) als verträg­lich erachtet wird, sofern unter Auf­lösung der Makro­­struktur im engeren Plan­gebiet qualifi­zierte Frei­­räume mit urbaner Aufent­halts­­qualität geschaffen werden.

Für die nach­­gelagerte Master­­planung ist zu berücksichtigen:

Städtebauliches Konzept

  • Unter Verzicht auf eine Bebauung in Reihe oder als Blockrand wird die Bebauungsstruktur durch Solitärbaukörper in klaren Formen geprägt. Diese funktionieren als eigenständige Figur, ohne in Konkurrenz zum Bestand zu treten und betten sich in das Gesamtensemble ein.
  • Eine Bebauung der Friedrich-Stampfer-Straße soll zugunsten eines Abrückens der Neubebauung von der HOWOGE-Scheibe fokussiert werden und orientiert sich in der baulichen Setzung am historischen Verlauf der Wilhelmstraße.
  • Auf einen Anbau an die mittlere Brandwand der HOWOGE-Scheibe ist zu verzichten.
  • Insbesondere eine Bebauung im „Innenbereich“ der Freianlage ist mit besonderer Sensibilität bezüglich ihrer Dimensionierung (Grundfläche und Höhenentwicklung) zu setzen.
  • Es ist ein ausreichender Abstand zur äußeren denkmalgeschützten Ringbebauung zu wahren.
  • Ein Hochpunkt soll im Kreuzungsbereich Wilhelm- / Friedrich-Stampfer-Straße zur städtebaulichen Fassung des Kreuzungsbereichs und stärkeren Adressierung mit einer maximalen Gebäudehöhe von 55 m (AOKVerwaltungsbau) verortet werden.
  • Eine gestaffelte Höhenentwicklung von der Wilhelmstraße zur Ringbebauung ist anzustreben, um zwischen den Bestandsgebäuden der Umgebung zu vermitteln. Die bauordnungsrechtliche Hochhausklassifizierung ist dabei mitzudenken.
  • Bebauungsoptionen an der Friedrichstraße sind unter Berücksichtigung der denkmalschutzfachlichen Belange vertieft zu untersuchen, um eine ansprechende Entree-Situation zur An- und Einbindung der Friedrichstraße als Fußgängerzone mit Zentrumsfunktion zu stärken.
  • Vor dem Hintergrund der jeweiligen Flächenbedarfe und einer notwendigen Neuordnung der Grundstücke und Eigentumsverhältnisse wird von den Projektpartner:innen dem Entwurfskonzept von ISSS das größte Realisierungspotenzial beigemessen.

Entwicklung im Verhältnis zum Mehringplatz

  • Der Mehringplatz besticht durch seine gestalterische und architektonische Zentralität, die er programmatisch jedoch nicht einlösen kann. Als Transit- und Grünraum soll er durch ergänzende Nutzungen im Block 616 belebt werden, um in der Gesamtheit die Funktion eines „Quartierszentrums“ auszubilden. Im Block 616 soll daher ein urbaner Platz mit Aufenthaltsqualität die vorhandenen unterschiedlichen „Zentren“ (Grün, Sozial, Bewegung, Transit, …) in der Umgebung komplementieren.
  • Eine Aktivierung und damit Belebung der Rückseite der äußeren Ringbebauung an den Block 616 (z.B. durch Öffnung der EG-Zone) ist aufgrund von denkmalfachlichen Aspekten ausgeschlossen.

Freiraum & Durchwegung

  • Die derzeitige Quantität der Freiräume ist in Mehrwehrte, bestehend aus Nutzungsgliederungen, Aufenthaltsqualitäten und attraktiven Freiraumangeboten, für die verschiedenen Nutzerkreise zu überführen.
  • Die Leitidee der „Pixel“ soll als besonderes Konzept den Freiraum prägen und zur Definition der Freiflächen durch die Nutzenden beitragen.
  • Im Sinne eines „Quartiers im Quartier“ soll innerhalb des Blocks 616 eine Mitte mit hoher Aufenthaltsqualität geschaffen werden. Als belebter Platz mit öffentlichem Charakter bettet sich dieser in das Wegenetz ein, lädt zum Verweilen ein und wird durch zugeordnete Nutzungen im EG bespielt.
  • Intimere und grünere Freiräume sind in den weniger belebten Bereichen verortet und komplementieren die „Rückseiten“ der Neu- und Bestandsbaukörper mit ihrer vorwiegend privaten Prägung.
  • Freiraumpotenziale der Nordseite der HOWOGE-Scheibe sollen aktiviert und genutzt werden.
  • Anforderungen an den Biotopflächenfaktor (BFF), die Niederschlagsversickerung, den unterschiedlichen Spielflächen (privat, öffentlich, Kitaaußenfläche) sowie ergänzenden Grünflächen mit Aufenthalts- und Erholungsqualität sind zu beachten. Eine Zergliederung und Überbeanspruchung der Freiräume sind zu vermeiden.
  • Die unterschiedlichen Freiräume sind miteinander ver- und an übergeordnete Grünstrukturen angebunden. Biologische Trittsteine für Flora und Fauna begünstigen einen zusammenhängenden Grün- & Pflanzraum.
  • Durchwegungen knüpfen an das vorhandene Wegenetz an, nehmen die historische Achse der Wilhelmstraße auf und berücksichtigen auch kleinere vorhandene Durchgänge in der Bestandsbebauung (äußerer Ring). Angsträume sind zu vermeiden.
  • Einladend gestalte Entrees an Wilhelm- & Friedrichstraße lenken in den Block 616 und tragen zur Belebung bei.
  • Der AOK-Parkplatz Süd ist zu aktivieren bzw. räumlich zu fassen, um die Funktionalität der belebten Mitte im Block 616 zu stärken und die Nord-Süd-Durchwegung entlang der historischen Wilhelmstraße bis zum Mehringplatz zu führen.

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In Zusammenarbeit von:AOK Nordost Baustadt-rat/rätin HOWOGE LokalBau

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